5 Jahre Vorbereitung kostete der wohl grösste Marketing-Stunt des Jahres 2012. Am 14. Oktober 2012 folgt dann um 20.11 Uhr der Sprung aus 40 Kilometer Höhe, 4 Minuten 19 Sekunden später die Landung auf dem Erdboden. 40 Sekunden nach dem Fall befindet sich Felix Baumgartner in einer Rotation, die auch als Flat Spin bekannt ist (Drehung um alle drei Achsen des kartesischen Koordinatensystems), was einen gewaltigem Druck hervorrief. Dieser Druck hätte zur Bewusstlosigkeit führen können, eine lebensgefährliche Situation für den Skydiver (vgl. http://caboruivo.ch/?p=3846). Für die Medien definitiv ein wertvolles Ereignis, die hohe Medienpräsenz kommt nicht überraschend.
Die Marke dahinter
Doch hinter diesem wissenschaftlich wertvollen Stunt steht auch eine Marke: Redbull. Der milliardenschwere Konzern ist für Sponsoring im Bereich der Extremsportarten bereits bekannt, ihre neuste Marketing-Waffe: Der Sprung aus der Stratosphäre. Diese Art von Marketing zählt zu einer speziellen Form, die unter dem Begriff Content Marketing bekannt ist. Unternehmen versuchen ihre Leistungen und Produkte an potentielle Kunden zu bringen, indem sie eigene Inhalte produzieren und so eine Werbefläche schaffen. Der Inhalt des Projektes Redbull Stratos ist extrem, passt aber perfekt, werben sie doch mit dem Slogan „ Redbull verleiht Flügel“. Der österreichische Konzern verleiht Felix Baumgartner also finanzielle Flügel und produziert einen Event, wie die Welt ihn selten gesehen hat. 50 Millionen Dollar wurden in das Projekt investiert. Für einen Konzern wie Redbull ein kleiner Preis, flimmert doch im Gegenzug das Redbull-Logo beinahe dauerhaft über sämtliche Bildschirme der Welt (vgl. http://www.nzz.ch/meinung/kommentare/ein-gladiator-der-neuzeit-1.17683208). Der wissenschaftliche Wert des Sprunges lässt sich durchaus nicht abschlagen. Auch zeigten das weltweite Mitfiebern mit Baumgartner und die enorme Begeisterung der Menschen, dass der Stunt ebenfalls unterhaltenden Wert aufwies. Das Projekt kann aus verschiedenen Richtungen als erfolgreich betrachtet werden. Ob die Marketing-Strategie von Redbull erfolgreich war, bleibt fraglich.
Die Wirtschaftswoche äussert sich dazu kritisch und gibt bekannt, bisher seien keine Imagegewinne verzeichnet worden. Auch unmittelbar nach dem Stunt seien keine Änderungen in den Imagewerten oder im Buzz-Wert (wie positiv oder negativ eine Marke beurteilt wird) zu erkennen gewesen. Dies kommt nach einer derart hohen Medienzuwendung doch überraschend. Es scheint, als hätte Redbull lediglich Aufmerksamkeit generiert, was für erfolgreiches Content Marketing alleine nicht ausreichend ist. Eine gute Botschaft muss her! Die Leute sollten nicht nur zusehen und staunen, sondern eine Message mitnehmen, die sie von den Produkten des Unternehmens überzeugen kann. Es könnte sein, dass Redbull daran vorbei geflogen ist. Redbull hat sich zwar als abenteuerliches, riskantes Getränk in den Köpfen der Menschen für alle Zeit eingenistet, jedoch scheint eine wirkliche Botschaft gefehlt zu haben. Der Grat zwischen einem erfolgreichen Content-Marketing Projekt und einer Dauerwerbesendung ist schmal. Fehlt eine überzeugende Botschaft, wird der Grat schmaler. Nach mehrmaligem Aufblitzen des Redbull-Logos wird dieses nicht mehr wahrgenommen. Die Aufmerksamkeit liegt auf dem Sprung, nicht auf der Marke.
„Der sinnloseste Sprung der Weltgeschichte“
Weiter zu kämpfen hat Redbull ausserdem mit Kritik aus verschiedensten Richtungen. So kritisiert Ing. Wolfgang Neumann (Energy Globe Gründer) den Rekordversuch von Baumgartner: “Mit einem Aufwand von zig-Millionen tritt in einem genialen Marketingauftritt Felix Baumgartner zum sinnlosesten Sprung der Weltgeschichte an. Ein Sprung, der unter dem Motto stehen könnte “außer Spesen nichts gewesen“ . Ausserdem fügt er abschliessend hinzu: ”Denn eines ist sicher: wenn wir nicht den Ärmsten der Armen helfen, dann werden sie zu uns kommen und auch dann werden hohe Sprünge nicht mehr helfen!“. Als weiterer Kritikpunkt gilt das enorme Risiko, das Redbull bereit war einzugehen. Man darf nicht vergessen, der Sprung hätte tödlich enden können. Wie weit wird Redbull wohl das nächste Mal gehen?
Es stellt sich die Frage, ob die Marke Redbull durch das Lauterwerden von kritischen Stimmen nicht auch negative Effekte davontragen wird. Je extremer eine Strategie, desto stärker eben auch die Kritik.
Content Marketing, wie es Redbull betrieben hat, verdient also neben der herkömmlich positiven Sicht auch eine kritische Begutachtung. Trotzdem ist und bleibt dieses Projekt „extreme Content-Marketing“ im grossen Rahmen und wird auch Jahre später noch als der Marketing-Stunt schlechthin gelten.
Dies ist ein studentischer Beitrag von Marcelle Loosli (@ElleLo2), den sie im Rahmen der Vorlesung „Online-Marketing“ verfasst hat. Marcelle Loosli studiert Publizistik, Recht und Politikwissenschaften. Nebenbei arbeitet sie im Verkauf und als Assistentin eines Anwaltes.
Bild via http://www.bernerzeitung.ch/digital/wild-wide-web/Mach-mir-den- Baumgartner/story/18928769
Braun, Markus (2012): Wirtschaftswoche.
In: http://www.wiwo.de/unternehmen/handel/brandindex-baumgartners-rekordsprung-verlieh-red-bull-keine-fluegel/7270416.html)
Feusi, Alois (2012): NZZ Online.
In: http://www.nzz.ch/meinung/kommentare/ein-gladiator-der-neuzeit-1.17683208
o.A. (2012): Salzi.At.
In: http://www.salzi.at/2012/10/energiepionier-ubt-kritik-an-red-bull-stratos-2012-und-felix-baumgartners-weltrekordversuch/).
Wachter, Daniel (2012): Cabo Ruvio.
In: http://caboruivo.ch/?p=3846
Leave a Reply
You must be logged in to post a comment.