Gestern im Büro hatte ich eine Diskussion mit einem Arbeitskollegen bezüglich einer neuen Marketing Strategie für unsere vierteljährlichen Publikationen. Auf meinen Vorschlag hin unsere Inhalte etwas interaktiver zu gestalten antwortete er: „Social Media ist in unserem Sektor nicht gefragt.“ Wie ihr euch vorstellen könnt ist diese Aussage im Anschluss an die Online Marketing Vorlesung bei mir etwas auf Widerstand gestossen. Die anschliessende Diskussion mit dem Kollegen hat einige Fragen aufgeworfen, welche ich hier kurz abhandeln möchte.
Gibt es in der strategischen Verwendung von Social Media tatsächlich Unterschiede zwischen den Sektoren? Was könnten andere Gründe sein für die geringe Popularität von Social Media in gewissen Branchen? In einer sich stetig verändernden Gesellschaft ist es noch plausibel, dass gewisse Sektoren von diesem Kommunikationswandel unberührt bleiben?
Es scheint so als würde in gewissen Bereichen Theorie und Realität auseinander gehen. Dabei ist es wichtig Social Media als Kommunikationsmittel und Social Media als Kommunikationskanal zu unterscheiden. Der Fokus liegt hier auf dem Kommunikationskanal, da anzunehmen ist, dass zwischenmenschliche Kommunikation weitgehend vom Sektor unabhängig ist.=) Während die Theorie behauptet jedes Unternehmen sei ein Medienunternehmen, gibt es in der Realität Sektoren, welche von der Web 2.0 Revolution nicht oder nur marginal betroffen sind wie aus der KPMG Studie „Going Social“ (2011) zu entnehmen ist. Ich habe darauf eine eigene kleine Studie durchgeführt, und zwar die Facebook-Aktivitäten unserer Top 20 Unternehmen in der Schweiz (SMI Titel) festgehalten und bin dabei auf einen ähnlichen Schluss gekommen. Dieses Bild kam dabei heraus (siehe Abbildung). Auffällig ist bei meiner Studie =), dass SWATCH und NESTLE mit Abstand am meisten „Likes“ haben. Die folgende Grafik der KPMG zeigt auf, dass der Einzelhandel in der Anwendung von Social Media klar vorne liegt, wobei der strategische Einsatz dieses Mediums hier nicht unterschieden wird. Dieser würde in einigen Sektoren vermutlich viel geringer ausfallen.
Dieses Bild leuchtet grundsätzlich ein, da Unternehmen in anderen Sektoren weniger konsumentenorientiert sind oder eine klare B2B-Struktur aufweisen, wo Social Media Management verständlicherweise weniger zum Tragen kommt. Oftmals sind die Kosten beispielsweise für B2B Unternehmen zu hoch um eine effektive Online-Strategie zu verfolgen. Es ist eine Abwägung zwischen dem Aufwand für einen guten Online-Auftritt und dem potentiellen Kundengewinn in der entsprechenden Zielgruppe. Ein weiterer interessanter Punkt, der die geringe Verbreitung von Social Media in Schweizer Unternehmen erklärt wird jedoch in folgender Grafik verbildlicht. Dargestellt ist jeweils der Anteil nationaler Unternehmen, welcher Social Media geschäftlich einsetzt.
Erstaunlicherweise sind Schwellenländer den entwickelten Märkten in der Anwendung von Social Media weit voraus. Aus einer anderen Studie konnte ich den entsprechenden Wert für die Schweiz für das Jahr 2012 ausfindig machen: 51% der 53 grössten Schweizer Unternehmen setzen Social Media als strategischer Marketing-Kanal ein (im Vergleich zu 22% im Vorjahr). Dies ist wahrscheinlich auf altbewährte Strategien und vererbten Systemen in den entwickelten Märkten zurückzuführen, während jüngere Märkte hier eine grosse Unabhängigkeit geniessen (Quelle:KPMG).
Das Fazit dieses Beitrags lautet also, Social Media Management ist:
- Sektorenabhängig: Social Media Plattformen sind eher auf Konsumenten ausgerichtet (B2C). Letztlich ist das Ziel des Online-Marketings jedoch wie im klassischen Marketing auch seine Zielgruppe zu erreichen („Target your Audience“) – egal ob nun eine B2B oder B2C Struktur vorliegt.
- Länderabhängig: Die etablierten Strukturen eines Landes sowie diverse demographische Eigenschaften können die Adaption von neuen Kommunikationstechnologien verlangsamen. Andererseits reicht es vielleicht auch, wenn etablierte Unternehmen später (falls nötig) die Best Practices aus anderen Ländern übernehmen und auf ihren Sektor anwenden. =)
Um die letzte Frage noch zu beantworten, die ich mir zu Beginn gestellt habe: Gibt es Unternehmen, die von diesem Kommunikationswandel ganz unberührt bleiben? Ich meine Nein. Es bestehen auch für Unternehmen, welche wenig oder gar nicht „Consumer“-orientiert sind, Vorteile, welche nicht unterschätzt werden sollten – vorallem wenn sich jüngere Generationen weiter von „traditionellen“ Emails weg, hin zu schnelleren und oft zuverlässigeren Social Networks, bewegen. Hier eine kurze Aufzählung möglicher Vorteile des Social Media Managements:
- Employer Branding (Spricht man die Sprache seiner Wunschkandidaten, erreicht man diese eher)
- Investor Relations (Ein besseres Image sowie mehr Transparenz führt zu höheren Investitionen)
- Image & Engagement (Oftmals sind Unternehmen in betriebsfremden Projekten involviert, welche ein breiteres Publikum interessieren könnten: Umweltprojekte o.Ä.)
- Informationen mit der Zielgruppe teilen / Informationen über die Zielgruppe gewinnen
- Noch schnellere/noch effizientere Kommunikation =) (Social Media als Business Tool)
Siehe auch folgende Artikel:
Made in heaven or marriage from hell? Social media and the financial sector
Why the construction sector should engage with social media
Dies ist ein studentischer Beitrag von Emilia Chonia (@just_em), den sie im Rahmen der Vorlesung „Online-Marketing” verfasst hat. Emilia studiert Publizistik- und Kommunikationswissenschaften sowie Filmwissenschaft im Nebenfach an der Universität Zürich.
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