Richtig und professionell eingesetzt können Social Media einen wichtigen Beitrag für das Marketing von Fussballclubs bieten. Jahrelang haben die Vereine diesen Trend verschlafen. Doch in letzter Zeit wird kräftig investiert.

Spieler des Fussballclubs Servette Genf bedanken sich auf Facebook bei ihren Fans fürs kräftige Liken.
FC Basel: 100‘000 Mal Daumen hoch
Fussballvereine hatten bereits Fans, als Unternehmen noch gar nicht wussten, was das ist. Erst Facebook & Co. haben das Fansein vor wenigen Jahren branchenübergreifend salonfähig gemacht. Doch ihren Startvorteil haben die Fussballvereine mehr oder weniger leichtfertig verspielt, indem sie die Sozialen Medien lange Zeit einfach ignorierten. Ein gutes Beispiel hierfür ist der FC Basel. Als der erfolgreichste Schweizer Verein der jüngsten Vergangenheit eine Facebook-Page lancierte, da existierte bereits seit mehreren Jahren eine von Fans betreute Seite. Den verschlafenen Start vermochte der FCB nicht mehr wettzumachen: Der offizielle Facebook-Auftritt erreichte nie auch nur annähernd so viele Fans wie der inoffizielle. So entschied man sich in Basel, einen unkonventionellen Schritt zu vollziehen: Man bat die Betreiber der Konkurrenzseite um Zusammenarbeit. Diese willigten ein und so wurden die Pages vor gut einem Monat fusioniert. Der FCB konnte seine Facebook-Gefolgschaft damit auf einen Schlag verdoppeln und knackte vergangene Woche gar die magische Zahl von 100‘000 Facebook-Fans. Ein Wert, der sonst im Schweizer Sport absolut unerreicht ist.
Auch auf Twitter spielt der FC Basel (@FC_Basel) mit gut 10‘000 Followers in einer eigenen Liga. Inhaltlich schwimmt der FC Basel jedoch im Mainstream. Wie die meisten anderen Clubs der Schweiz übernimmt er auf Social Media vor allem die News von seiner Website und streut dazu noch einige interessante Bilder ein, lanciert Sonderaktionen auf Merchandise-Artikel oder fragt die Fans auch mal nach einem Resultattipp für das kommende Spiel. Noch zu wenig nutzt er seinen Social-Media-Auftritt kombiniert mit originellen Aktionen oder gelungenem Content Marketing. Die Interaktion mit den Anhängern ist dennoch sehr hoch: Jeder Beitrag erhält mehrere Hundert Likes und nicht selten auch eine dreistellige Anzahl Kommentare. Auf Twitter antwortet der FCB zudem schnell und zuverlässig auf Fragen der Fans.
GC: Die Anhänger erschreckt
Einen sehr starken Social-Media-Auftritt haben auch die Young Boys aus Bern, der FC Zürich und Servette Genf (siehe Bild). Neben Facebook- und Twitter-Auftritten versorgen sie ihre Fans auch mit eigenen Channels auf YouTube, wo sie regelmässig professionell gemachte Videobeiträge veröffentlichen. Total verschlafen hat man Social Media Marketing dafür beim Zürcher Grasshopper Club, dem aktuellen Leader der Super League. Der Schweizer Rekordmeister zählt am zweitwenigsten Fans auf Facebook aller Erstligisten. Auf Twitter (@1886_GC) folgen gerademal 68 Personen (Stand 11.11.2012) den Meldungen aus Zürich. Kommunikationschef Adrian Fetscherin, der erst seit diesem Sommer im Amt ist, gibt zu: «Vor meiner Zeit wurde das Online Marketing bei GC vernachlässigt. Wir konnten die Fanzahlen auf Facebook jedoch in kurzer Zeit verdreifachen und ich rechne weiterhin mit einem starken Wachstum.»

Grosse Resonanz: An einer Verlosung von GC auf Facebook nahmen mehrere Hundert Fans teil, indem sie Bilder “ihrer” GC-Mannschaft einschickten.
Dafür tut Fetscherin einiges. Seit er bei GC das Amt des Marketingchefs inne hat setzt der Club konsequent auf Content Marketing. Sei es die guerillamässige Präsentation eines speziellen Trikots an mehreren Orten in der Stadt Zürich oder eine gemeinsam mit dem Fashionpartner Schild organisierte Modeschau: GC schaffte es in den letzten Monaten mit mehreren Aktionen abseits des Fussballrasens eine breite Medienöffentlichkeit zu erreichen. Via Website und Social Media wurden die Themen breitgetreten und fanden auch in den Sozialen Medien eine grosse Resonanz. Allerdings sorgt das kühne Auftreten des Grasshopper Clubs nicht nur für positive Reaktionen. «Da der GC lange Zeit im Marketing kaum was gemacht hat, sind einzelne Fans fast erschrocken ab den nun steten Aktivitäten», sagt Fetscherin. Er ist jedoch überzeugt, dass in Zukunft auch für Fussballclubs ein konsequentes und professionelles Content Marketing noch wichtiger wird, um möglichst viele Leute zu erreichen und an den Verein zu binden.
Dies ist ein studentischer Beitrag von Daniel Ammann (@d_ammann), den er im Rahmen der Vorlesung „Online-Marketing” verfasst hat. Daniel Ammann studiert Publizistik- und Kommunikationswissenschaften sowie BWL an der Universität Zürich. Daneben ist er Redaktionsleiter beim Online-Fussball-Magazin kurzpass.ch.
Sehr interessanter Beitrag! Nun erobert Social Media auch die Sportwelt immer mehr. Jetzt können die Fans ihre Lieblingsmannschaft nicht nur im Stadion (“offline”) sondern zudem auch online im Internet anfeuern und unterstützen. Ist sicherlich eine höchst lukrative Wechselbeziehung! Die Clubs und Mannschaften verstärken die Bindung zu ihren Fans, was aus ökonomischer und psychologischer Perspektive durchaus wichtig ist. Andererseits verschaffen sich die Anhänger einen exklusiven Zugang zu ihrem Lieblingsteam, erfahren die neusten Informationen direkt von der Quelle und können sogar mit den Verantwortlichen unkompliziert interagieren! Durchaus eine gute Sache, dieses Social Media! Doch wo verbergen sich die Gefahren?
Natürlich gibt es Gefahren. Fussballfans tendieren ja bekanntlich ab und zu auch dazu, recht emotional zu reagieren. Ungewünschte Kommentare sind daher recht schnell abgegeben, weshalb die Accounts von den Clubs recht intensiv betreut werden müssen. Zudem müssen Fussballclubs auch mit Marketingaktionen sehr vorsichtig sein, da die Fans sich sehr verbunden fühlen mit ihrem Verein – und entsprechend ungehalten reagieren, wenn ihnen eine Aktion ihres Lieblingsclubs nicht passt. So z.B. eben bei GC geschehen…
Spannender Blog. Erstaunt hat mich besonders, wie lange die meisten Clubs Social Media verschlafen haben. Man könnte ja eigentlich davon ausgehen, dass sie die beste Voraussetzung haben: Viele Junge Fans, die bestimmt fast alle auf irgendwelchen Social Media Seiten aktiv sind. Aber jetzt haben sie dieses Potenzial ja offensichtlich erkannt. Ich bin aber der Meinung, wie auch Daniel bereits angetönt hat, dass noch viel mehr Aktivität im Bereich Content Marketing möglich wäre. Doch fehlt es den Schweizer Clubs möglicherweise an Ressourcen? Gutes Marketing bedeutet je nach dem auch eine Person extra dafür einzustellen und das wiederum braucht Geld…
Merci für den spannenden Blog. Finde das wie Sabrina ziemlich überraschend, dass die Fussballclubs nicht gerade fit sind im Online Marketing. Der Schweizerische Fussballverband gibt sich immerhin Mühe auf Facebook, Bilder der Trainingslager der Nationalmannschaft und Uxx Natis sowie Ankünfte der Mannschaften in weiss-ich-wo zu posten, aber wirklich interessant war noch kein Beitrag.
Weiss jemand wie das in der internationalen Fussballwelt aussieht Ist beispielsweise der online Auftritt vom FC Barcelona gelungen?
Danke für den interessanten Blogpost! Ich habe mich noch nie sonderlich gefragt, wie das Benutzen von Social Media denn für Fussballclubs aussieht. Umso spannender zu sehen, dass auch sie jetzt versuchen, in den Social Media Fuss zu fassen. Fehlt nur noch, dass einzelne Seiten für die Spieler gemacht werden (oder ist das schon der Fall?!). Ich stimme Sabrina zu, das Geld fehl wohl auch um gutes Marketing zu betreiben, allerdings könnten auch andere Gewinnspiele/ Aktionen lanciert werden, die nicht so viel Geld verlangen. Zum Beispiel ein V.I.P-Treffen zu verlosen sollte wohl nicht zu schwierig sein? Es bleibt spannend zu sehen, welche Aktionen die Fussballclubs künftig starten werden!
Guter Blog! Ich hatte mit diesem Thema selber zu tun, jedoch im Eishockey. Ich habe vor rund 5 Jahren aus Spass eine Fanseite (damals noch Gruppe genannt) der ZSC LIONS auf Facebook erstellt und rund eine Dutzend Freunde von mir eingeladen. Drei Jahre später hatte die Seite 5000 likes, ohne dass ich gross etwas unternommen hatte dafür. Da kam die Anfrage der ZSC LIONS Betriebs AG, ob ich bereit wäre die Seite abzutreten da man in Zukunft auf Social Media setzen wolle. Ich bin froh konnten wir uns damals einigen, die Seite hat nun bald 20’000 likes (nur der SC BERN hat mehr) und bietet laufend spannende Hintergrundinformationen. Fazit: Auch hier wurde Social Media Marketing total verschlafen.
Deinen Blogpost finde auch ihr sehr interessant. Ich habe mich bis anhin eigentlich noch nie mit diesem Thema beschäftigt. Jetzt, da ich darüber nachdenke, fällt mir aber auf, dass ich auf Facebook wirklich noch nie eine Gruppe eines schweizer Fussballvereins gesehen habe (oder auch einfach nicht darauf geachtet habe?). Beim Fussball ist die Fankultur schon offline vorhanden, weshalb es mich noch mehr verwundert, dass sie im Social Media Bereich noch nicht auf hohem Kurs sind. Denn genau dort könnten sie viel herausholen: Die Facebook Fans eines Fussballclubs fühlen sich wahrscheinlich verbundener als die Facebookfans von Mc Donalds, da sie eben nicht nur im virtuellen Leben Fan sind, sondern die Matches besuchen, Fan-Artikel tragen, ja sogar Hymnen zu ihrem Lieblingsclub singen. Eine gute und in heutiger Zeit auch nötige Verbindung der Online- und Offlinewelt.
Du hast uns mit deinem Blogeintrag einen spannenden Einblick in eine bisher wenig diskutierte Welt der Social Media Strategien im Fussball gegeben. Wie der neue Marketingchef von GC kreatives Content Marketing betreibt, gefällt mir. Allen recht machen kann man es nie: Innovation und Anpassung an die digitale Welt gehören nun mal zum Business. Im Gegensatz dazu ist es bedauerlich, dass der FCB trotz den vielen Facebook-Fans nicht mehr Originelles im Bereich Content Marketing bietet. Was wohl der Preis für die Fusion der FCB-Facebook-Fans und der offiziellen FCB-Gruppe war, bleibt wohl ein Rätsel…Bin gespannt auf weitere Entwicklungen im Bereich Social Media Marketing des Fussballs!
Da eine Fan-Gemeinschaft sich genau durch eine gemeinsame Leidenschaft – ein Club/Verein – zusammensetzt, gibt es eigentlich nichts natürlicheres als eine Facebook-Gruppe oder ein soziales Medium, die diese Gemeinschaft auch ausserhalb der Spiele zusammenführt. Umso erstaunlicher, dass sich Marketing-Leitende der Sportvereine nicht stärker auf Social Media setzen. Könnten sie nicht genau mittels Social Media ihre Zielgruppe am besten erreichen und stärken?
Sehr interessanter Beitrag. Ich habe in den letzten Jahren die Entwicklung auch verfolgt. Dabei ist auch interessant, wie die Klubs die Professionalisierung vorangetrieben haben und wie zum Teil ein Umdenken stattgefunden hat. Während zum Beispiel der FC Luzern sich in der Vergangenheit nicht gerade mit positivem Engagement auf den Social Media-Plattformen bekleckert hat, ist durch den neuen Medienchef ein Umdenken eingetreten (vergleiche GCZ). Die Chance für den direkten Austausch mit den Fans wurde endlich erkannt. Ich bin sehr gespannt wie die Klubs mit den Medien Facebook & Twitter in naher Zukunft umgehen werden.
Gerade beim Sport ist das doch so naheliegend wie sonst nirgends. Sie wollen Fans, sie wollen Community, sie wollen ein Kommunikationsorgan, voila Social Media. Verstehe nicht, wieso das nicht längst Anklang fand, aber besser später als nie. Die Schweiz ist leider sowieso sehr träge wenn es um Adaptierung geht in Sachen Online und Social Media. Dafür sind wir ausgeglichener, oder sowas.
Sehr spannender Beitrag Daniel.
Ich frage mich wie das ganze wohl in der USA bei der NBA oder ähnlichem aussieht. Stelle mir vor, das dort die Teams etwas mehr resp. schon früher auf die Interaktion mit den Fans gesetzt haben.
Mal sehen was die Zukunft bringt. Vielleicht gibts ja bald schon Live-Twitter & Facebook Walls auf Grossbildschirmen bei den Spielen. Ganz im Kiss Cam Style.